Aus den BNN vom 11.8.2025 von Ron Teeger

Das komplette Opern- und Musicalensemble kam bei der „Gala – Klangkörper“ auch gemeinsam zum Einsatz – etwa in Leonard Bernstein & Stephen Sondheims West Side Story: „America“, das die Vor- und Nachteile des Lebens in den USA aus Sicht puertoricanischer Einwanderer beleuchtet.

25 Lieder aus 18 Werken
Ettlinger Schlossfestspiele sind bei Gala im Opern- und Musical-Fieber

Die Schlossfestspiele Ettlingen begeisterten das Publikum am Freitagabend mit der großen „Gala – Klangkörper“, einer dreiteiligen musikalischen Reise durch die melodienreiche und schillernde Welt der Oper, Operette und des Musicals. Unter der musikalischen Leitung von Ulrich Cornelius Maier begleitete das Kammerorchester der Schlossfestspiele Ettlingen den Abend. Das fünfköpfige Opernensemble, das komplett der ebenfalls bei den Schlossfestspielen gezeigten Oper La Bohème entstammt, zeigte sowohl solo als auch in Duetten, was es zu bieten hat.
Den starken Auftakt bildete Alessio Fortune mit Gioachino Rossini: L’Italiana in Algeri – Arie „Ho un gran peso sulla testa“. Als Taddeo beklagte er in humorvoller Übertreibung die Last, die er zu tragen hat. Benjamin Park sang in Giuseppe Verdi – Rigoletto: Arie des Duca „Ella mi fu rapita!… Parmi veder le lagrime“ als Herzog von der Trauer über den Verlust einer Frau, die er liebt – oder glaubt zu lieben. Megan Henry und David Rother glänzten im humorvollen und lebendigen Duett zwischen der Heldin Adina und dem Quacksalber Dulcamara, der seinen „Liebestrank“ verkaufen will. Die beiden lieferten sich in Gaetano Donizetti – L’Elisir d’Amore: Duett Adina & Dulcamara „Quanto amore!“ einen musikalischen Schlagabtausch voller Wortwitz.
Besonders Rothers herausragende Mimik und sein feines Spiel mit dem Publikum, dem er einen Schluck aus seiner Flasche offerierte, kamen an. Felicitas Wrede zeigte zum Finale des Opernblocks gemeinsam mit Megan Henry, wie hervorragend sich ihre Stimmen ergänzen. In Léo Delibes – Lakmé: Blumen-Duett „Sous le dôme épais“, einem der bekanntesten Duette überhaupt, besingen Lakmé und ihre Dienerin Mallika die Schönheit der Natur.
Das Opern-Ensemble übernahm danach auch den Operetten-Block. Hier erweiterten die fünf ihre stimmlichen Qualitäten um eine gehörige Portion Humor. So trat nun auch Ensemblemitglied Thomas Büscher stärker in den Vordergrund. Gemeinsam mit Felicitas Wrede gab er mit Franz Lehár – Die lustige Witwe: Duett Hanna & Danilo „Lippen schweigen“ eines der bekanntesten Liebesduette der Operette zum Besten. Die beiden überzeugten sowohl gesanglich als auch mit purer tänzerischer Walzerseligkeit.
Highlight der ersten Hälfte des Abends, dessen Operettenteil von der Lustigen Witwe dominiert wurde, war das Marsch-Septett „Wie die Weiber“. Während die vier Herren in dem komödiantischen Ensemble-Marsch, der das Verhalten der Frauen augenzwinkernd kommentiert, sangen, warteten die beiden Damen auf ihren Einsatz und komplettierten schließlich das rhythmisch prägnante und urkomische Werk.
Im zweiten Teil übernahm ein Teil des Ensembles aus dem ebenfalls bei den Schlossfestspielen gezeigten Musical Evita und präsentierte – naheliegend – den Musical-Teil des Abends. Dirk Wittun zeigte sich nicht nur als stimmgewaltiges Mitglied dieses Musicalensembles, sondern leitete auch als wortgewandter Conférencier durch den Abend. Janina Wilhalm sang in Alan Menken – Sister Act: „Die Welt, die ich nie sah“ ein berührendes Solo einer jungen Nonne, die von einem anderen, freieren Leben träumt, das sie nie erleben durfte. Manar Elsayed führte das Ensemble als zentrale Sängerin und Tänzerin bei Leonard Bernstein & Stephen Sondheim – West Side Story: „America“ zu einer eindrucksvollen Performance. Thijs Kobes setzte bei Alan Menken – Der Glöckner von Notre Dame: „Draußen“ ein Ausrufezeichen.
Ihm gelang es, Quasimodos sehnsuchtsvollen Ruf nach Freiheit und Teilhabe am Leben jenseits seiner Turmwelt mit dieser kraftvollen Ballade überzeugend zu transportieren. Tevjes humorvollen Traum von Reichtum und gesellschaftlichem Aufstieg stellte Beneon Stevenson in Jerry Bock & Sheldon Harnick – Anatevka: „Wenn ich einmal reich wär“ herzerwärmend dar. Zwischen den Zuschauern begann er zu singen, und man merkte ihm zu jedem Zeitpunkt die Sehnsucht an.
Das abwechslungsreiche und kurzweilige Programm bietet mit insgesamt 25 Darbietungen aus 18 Opern, Operetten und Musicals auch Neulingen eine erstklassige Gelegenheit, in diese Welt hineinzuschnuppern – ohne mit einem kompletten Werk das Risiko des Nichtgefallens einzugehen. Mit Applaus honorierte das Publikum die Gala.