Aus den BNN vom 19.8.2025: „Nicht nur der King of Pop zieht die Massen an“ – von Philipp Kungl
Schlossfestspiele Ettlingen verzeichnen mit mehr als 54.000 Zuschauern einen neuen Rekord.
Als Fan des King of Pop hatte Ettlingens Bürgermeister persönlich einen klaren Favoriten. „Black or White“, die Show mit Songs von Michael Jackson, begeisterte Moritz Heidecker (parteilos) bei den Schlossfestspielen 2025 ganz besonders. Aber auch aus Sicht der Stadt war der Beigeordnete voll des Lobes. „Eine grandiose Spielzeit liegt hinter uns“, sagte er bei der Bilanzpressekonferenz. „Wir sind stolz.“
Stolz vor allem auf einen neuen Zuschauerrekord. Rund 54.000 Menschen besuchten die Veranstaltungen der Festspiele und damit noch mehr als beim bisherigen Rekord vor zwei Jahren. Mit einem wichtigen Unterschied: Im Gegensatz zu 2023 wurde das Budget eingehalten. Wegen Mehreinnahmen durch Sponsoren und Kartenverkäufe können die städtischen Zuschüsse sogar reduziert werden.
Von einem „Spitzenergebnis“ sprach denn auch Intendantin Solvejg Bauer in ihrer vorletzten Spielzeit, die „sehr herausfordernd“ gewesen sei. Dies vor allem durch so manche Wetterkapriole, die Ensemble, Technik und Zuschauer auf die Probe stellte. Trotz Hitze, Starkregen und stürmischer Abende blieb das Publikum den Schlossfestspielen treu. Die Gesamtauslastung lag bei 89 Prozent. „Und wir konnten alle Vorstellungen spielen und beenden“, so Bauer.
Besonders freute sie sich, dass mehr Jugendliche in den Schlosshof gelockt werden konnten. Dies gelang etwa mit dem Jugendstück „Sind wir was wir sind“, das besonders bei Schulklassen beliebt war und mehr als 1.000 Zuschauer verzeichnete.
Kassenschlager mit über 16.000 verkauften Karten war das Familienstück „Pippi in Taka-Tuka-Land“. Und auch die Zusammenarbeit mit der Popakademie Mannheim zahlte sich wieder aus. Die Michael-Jackson-Hommage „Black or White“ war bei 15 Vorstellungen plus Zusatzshow fast immer ausverkauft und erzielte eine Auslastung von 99,8 Prozent. Startschwierigkeiten hatte dagegen die Wiederaufnahme des Musicals „Evita“. „In Ettlingen ist man es gewohnt, jedes Jahr ein neues Musical zu sehen“, meinte Solvejg Bauer. Als sich dann herumgesprochen habe, dass es eine neue Besetzung gibt, kamen die Zuschauer doch. Etwa 7.100 wollten das Stück um die argentinische Präsidentengattin sehen.
Etwas weniger als die Oper „La Bohème“ (rund 7.500 Zuschauer). Die Auslastung von 75,6 Prozent sei beachtlich für eine Oper, meinte Bauer. Den Erfolg führte sie unter anderem auf die moderne Inszenierung zurück. „Oper muss man auch für junge Menschen öffnen.“ Sich also verabschieden von hochintellektuellen Interpretationen hin zu Fragen, die die Menschen bewegen. Bei „La Bohème“ ist es das (Über-)Leben der Protagonisten in einer dystopischen Welt, in der Ressourcen versiegt sind. Dies reiht sich ein in das Thema der Spielzeit, „Bodybilder“. In allen Produktionen ging es um Fragen der Sichtbarkeit, um Vielfalt von Körperbildern und den Kampf gegen Zuschreibungen. Sommertheater bedeute nicht, dass man nur Mainstream und leichte Unterhaltung spielen könne, meinte Bauer. Sehgewohnheiten herauszufordern, den Transfer dorthin zu schaffen, was die Menschen heute bewegt – daran arbeite das Festspiele-Team mit viel Herzblut.
Und natürlich auch der kaum mehr wegzudenkende Bürgerchor. „Es ist toll, wie die Menschen sich beteiligen“, sagte Bauer. Einigen Besuchern nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind etwa zwei ältere Mitglieder des Bürgerchors, die mit schauspielerisch-tänzerischen Nebenrollen sogar in „Black or White“ glänzten. Zufrieden zeigte sich Bauer unterdessen auch mit der Musical- und Operngala (82 Prozent Auslastung) sowie dem Gastspiel Titanic (77 Prozent). In der Stadt seien die Festspiele zudem mit zahlreichen Sonderveranstaltungen wie dem Theaterfest oder spontanen Flashmobs regelmäßig präsent gewesen. Dies alles locke nicht nur Besucher aus Ettlingen an. „Es kommen auch viele von außerhalb, etwa aus Karlsruhe“, leitete die Intendantin aus den Zahlen ab. So erfolgreich soll es nun auch im nächsten Jahr, in ihrer dann letzten Spielzeit, weitergehen. Unter anderem mit dem Musical „West Side Story“, für das Ettlingen endlich die Rechte bekommen hat. Doch jetzt sei für das Team erst mal etwas Ruhe angesagt, so Bauer. „Wir sind alle urlaubsreif.“
